Die wissenschaftlichen Grundlagen des PromilleRechners

Fachzeitschrift "Blutalkohol", herausgegeben vom Bund gegen Alkohol im Straßenverkehr e.V., zugleich Publikationsorgan der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin, Vol.34 No.4, S. 294 -305: "Über die Möglichkeit, die Blutalkoholkonzentrationen anhand von Trinkprotokollen zu schätzen: Analyse des Standartschätzfehlers" , Autor: Prof. Dr. rer. nat. Burkhard Roeder, Universität Dortmund, Fachbereich Psychologie.

Zusammenfassung

"Hervorzuheben ist, daß das Mehlhornsche Programm absichtlich so verfaßt ist, daß Unterschätzungen sehr selten vorkommen. Dies liegt im Interesse der zukünftigen Anwender. Im vorliegenden Experiment gab es von N=34 Messungen nur zwei Unterschätzungen. Sollte sich diese geringe Unterschätzungswahrscheinlichkeit in Replikationen mit größeren Stichproben bestätigen, kann man von einem hohen Sicherheitsstandart sprechen." (...) "Des weiteren wurde überprüft, ob die Promilleschätzung anhand von Trinkprotokollen nach der Watson-Formel präziser ist als nach der Widmark-Formel. Watson (1981) berücksichtigt zusätzlich zu den Variablen Geschlecht und Körpergewicht das Alter und die Körpergröße. Es wurde hier ein statistisch signifikanter Präzisionsgewinn festgestellt."

Burkhard Roeder

Über die Möglichkeit, die Blutalkoholkonzentration anhand von Trinkprotokollen zu schätzen:
Analyse des Standardschätzfehlers*

* Anmerkung: Wir danken dem Vorsitzenden des Bundes gegen Alkohol im Verkehr Landesverband Bayern, Herrn Frenzel sowie dem Direktor des Institutes für Gerichtsmedizin der Universität München, Herrn Prof. Dr. Eisenmenger und Herrn PD Dr. Gilg für die freundliche Unterstützung des Experimentes. Ohne die genaue Einhaltung des Versuchsplanes wären die Daten nicht annähernd so wertvoll.

Estimating the blood alcohol concentration by means of drinking protocols: analysis of the standard error of estimation

1. Ziel der Untersuchung

In einem Trinkexperiment mit "social drinking"-Charakter soll der Standardschätzfehler bei der Vorhersage des Blutalkoholgehaltes in Promille anhand von möglichst genauen Trinkprotokollen unter Einbeziehung der Daten Geschlecht, Alter, Körpergewicht, Körpergröße und subjektver Schätzung des Sättigungsgrades (Magenfülle/-leere) überprüft werden. Der Standardschätzfehler wird für die Berechnung des Vertrauensbereiches bzw. Konfidenzintervalls (confidential limits = des so gewonnenen Schätzwertes unter Wahrung einer vorgewählten Irrtumswahrscheinlichkeit herangezogen. Der Schätzfehler ist insofern von Bedeutung als forensischerseits in dubio pro reo entschieden werden kann und bei privater Schätzung z. B. zuungunsten der Benutzung des PKWs.

Aufklärungskampagnen, die auf einen absoluten Alkoholverzicht im Straßenverkehr aufrufen, haben noch keine durchschlagende Wirkung. Alkohol gehört offensichtlich zum gesellschaftlichen Leben dazu. Selbst die viel zu hohe 0,8 ‰-Grenze wird noch zu häufig überschritten. Mit verschiedenen "Hausmittelchen", wie beispielsweise einer Tasse Kaffee, wird dann erfolglos versucht, den Alkoholpegel kurzfristig zu senken. In diesem Kontext sind wohl auch die Bemühungen der Pharmaindustrie zu verstehen, Pharmaka zu finden, die den Alkoholabbau im Blut wesentlich beschleunigen (vgl. hierzu z.B. Mallach & Schmidt, 1982, sowie Grüner et al., 1984 und 1986).

Die Verantwortung für seinen Alkoholkonsum und die Konsequenzen daraus trägt letzten Endes jeder Verkehrsteilnehmer selbst. Daher sollte sich jeder Verkehrsteilnehmer mindestens so gut über seine individuelle Blutalkoholkonzentration informieren können, daß er sicher gehen kann, keinen Restalkohol im Blut zu haben. Weil die Blutprobe so aufwendig ist, sind hierfür Alkotestgeräte zur Messung der Atem-Alkohol-Konzentration (AAK) entwickelt worden. Diese finden vor allem bei der Polizei ihren Einsatz. Die Meßgenauigkeit der Geräte ist allerdings umstritten. Es wird eher eine Unterschätzung angenommen im Sinne von "in dubio pro reo" (vgl. auch Lücke, 1993, S.116) Daher sollte jede Gelegenheit benutzt werden, die Korrelation zwischen der AAK und der per Blutprobe gemessenen Blut-Alkohol-Konzentration (BAK) zu überprüfen, um die Fehlergröße genauer einschätzen zu können. Die Atemalkoholtestgeräte sind außerdem für den Privatmann nicht unbedingt erschwinglich.

Eine weitere Möglichkeit ist die Berechnung der Blutalkoholkonzentration (BAK) mittels Formeln, die mit Hilfe der Computertechnik schnelle und individuelle Ergebnisse bringen. Der Vorteil liegt auf der Hand - eine vorausschauende "Planung" des Alkoholkonsums ist möglich.

Zwei Formeln haben sich hierfür herauskristallisiert: eine von WIDMARK (1932) und eine von WATSON et al.(1981). Letztere verarbeitet mehr Informationen als die des erstgenannten Autors und ist daher, wie diese Untersuchung zeigt, wahrscheinlich präziser, insofern als der Schätzfehler geringer ist.

Die Formel nach WIDMARK (1932) lautet

wobei:

BAK = Blutalkoholkonzentration
A = Alkoholmenge in Gramm
r = Anteil der Körpermasse, die Alkohol aufnehmen kann (bei Frauen geringer als bei Männern)
kg = Körpergewicht in kg

Die Formel nach Watson et al. (1981) lautet:

wobei:

GKW = Ganzkörperwasser

(vgl. Watson et. al. [1981, S. 551, Formel 13])

Das Ganzkörperwasser errechnet sich mit von WATSON et al. (1980) empirisch gewonnenen geschlechtsspezifischen linearen Regressionsgleichungen:

Für Frauen:
GKW = -2,097 + 0,1069 x cm + 0,2466 x kg

Für Männer:
GKW = 2,447 - 0,09516 x J + 0,1074 x cm + 0,3362 x kg

wobei:

cm = Körpergröße in cm
kg = Körpergewicht in kg
J = Alter in Jahren (nur bei Männern)

(vgl. Watson et. al. 1981, S. 550, Formel 7 und 8)

Zwei Wissenschaftler Mehlhorn und Roeder haben voneinander unabhängig Computerprogramme zur Schätzung des Promillegehaltes entwickelt. Das Mehlhornsche Programm arbeitet unter Verwendung der Formel von WATSON et al. (1981, S. 551, Formel 13), siehe oben. Mit dem Mehlhornschen Computerprogramm wurde ein Chip in Zusammenarbeit mit der Hamburger Firma Global Mind entwickelt, so daß es zusätzlich zur Computerversion auch als taschenrechnergroßes Gerät vorliegt.

Das Roedersche Programm arbeitet nach WIDMARK(1932), Formel siehe oben. Der Programm-Algorithmus hierfür wurde im wesentlichen einem C64-Programm entnommen, das von Dr. Udo KULLIK (Verkehrswacht Dortmund, jetzt Universität zu Köln) entwickelt wurde.

Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Berechnungsarten ist, daß mit dem WATSON-Algorithmus der Körperbautypus (leptosom/pyknisch) berücksichtigt werden kann, was zweifelsohne ein Informationsgewinn ist.

WATSON et al. (1981) haben die unterschiedlichen Ergebnisse beider Algorithmen verglichen und zwar in Termini prozentuale Abweichung der Vorhersage von dem Ergebnis der Blutprobe, also Über- bzw. Unterschätzung in % (Grafiken 1 und 2 , S. 552 f). Im Unterschied hierzu werden in der vorliegenden Arbeit die Differenzen zwischen beiden Schätzmethoden und der gemessenen BAK in Form von Korrelationskoeffizienten dargestellt. Diese Korrelationen geben Auskunft über die Validität der Schätzungen nach WATSON et al. und WIDMARK. Es sind Validitätskoeffizienten nach der klassischen Testtheorie sensu LIENERT & RAATZ (1994). Hier wäre die Frage zu klären, ob und wie weit die Validität durch die zusätzlichen Informationen in der WATSONschen Schätzung präzisiert wird (z.B. konnten Hein & Vock (1989) keinen Unterschied im Alkoholkurvenverlauf bei über 60 Jahre alten Männern feststellen).

Die Blutalkoholkonzentration ist auch vom Mageninhalt abhängig (vgl. z.B. SCHMIDT & OEHMICHEN 1985). Zur Korrektur verwenden Mehlhorn und Roeder eine fünfstufige Skala zur subjektiven Schätzung des Mageninhaltes. Diesen fünf Stufen werden dann Korrekturfaktoren zugeordnet. Des weiteren wird die Resorptionsphase gegenüber Nahrungskarenz verlängert. Das wird in dem Mehlhornschen und auch im Roederschen Algorithmus berücksichtigt. Die Tageszeit jedoch wird nicht berücksichtigt; hierzu gibt es in der Literatur widersprüchliche Ergebnisse. Z.B. demonstrieren Lötterle et al. (1989) an 5 Vpn tageszeitliche Unterschiede im Alkoholkurvenverlauf, während Schmidt et al.(1991) bei 10 Vpn keine Unterschiede festgestellt haben.

Ebenfalls keinen Niederschlag finden in den Schätzprogrammen die Hinweise von Kuntz (1985), der neben der Beeinflussung der Alkoholresorption durch Mahlzeiten auch Hinweise auf Nebenerffekte durch die Art der Getränke (Temperatur, Süße, Kohlensäurehaltigkeit, Alkoholkonzentration) und die Trinkgeschwindigkeit sowie auf den psychischen Zustand während der Alkohlaufnahme (Ausgeglichenheit, aggressive Erregung, Erschöpfung) gibt.

2. Hypothesen

2.1. Schätzgenauigkeit des Atemalkoholmeßgerätes

Der Schätzfehler des Atemalkoholmeßgerätes Alcomat 7410 der Firma Dräger zur wahren BAK wird berechnet.

2.2. Signifikante Differenz zwischen zwei Schätzmethoden

Führt der Informationsgewinn bei Verwendung der WATSON-Formel gegenüber der WIDMARKschen Formel zu einer signifikanten Präzisierung in der Form, daß die Verteilung der Schätzfehler deutlich enger ist?

2.3 Vergleich intraindividueller und interindividueller Schätzungen

Anhand früherer Auswertungen von Meßreihen, die in Selbstversuchen gewonnen wurden - also intraindividuelle Daten liefern - soll gezeigt werden, daß der Standardschätzfehler intraindividuell kleiner ist und genauere Schätzungen erlaubt.

3. Methode

Das Experiment fand anläßlich einer Veranstaltung des Bundes gegen Alkohol im Straßenverkehr in München im Januar 1996 statt. Es sollte die Wirkung von verschiedenen Alkoholmengen im Blut anhand von Fahrsimulationen demonstriert werden. Dazu wurden 39 Testpersonen verschiedene Mengen Alkohol appliziert. Es handelte sich um 7 Frauen und 31 Männer im Alter von 18 bis 69 Jahren. Von einer Testperson fehlt die Geschlechtsangabe auf dem Erfassungsbogen.

Der Alkohol wurde in verschiedenen Getränken verabreicht (Wein, Bier, Schnaps). Die jeder einzelnen Person verabreichte Menge wurde am Ausschank genau kontrolliert. Der Versuchsplan sah vor, daß die Testpersonen während der Trinkzeit nichts aßen. Die Trinkzeit dauerte mit einiger Variation ca. 90 Minuten.

Nach Trinkende wurde bei 35 Testpersonen der Atemalkoholgehalt bestimmt und bei 37 Testpersonen Blutproben entnommen. Die Teilnahme war selbstverständlich freiwillig. Manche Testpersonen hatten missing data. So erklären sich die unterschiedlichen Stichprobengrößen.

Für den Vergleich der intraindividuellen Abweichung zwischen Schätzung und Messung der Alkoholkonzentration wurden Daten aus einem Selbstversuch verwendet. Hierbei konnten nur die Atemalkoholwerte mit der Schätzung nach Widmark verglichen werden. Es lagen keine Blutproben vor.


Grafik 1

4. Ergebnisse

Die Grafik 1 zeigt die Korrelation zwischen der per Blutprobe bestimmten Alkoholkonzentration im Blut (BAK) und der mittels Dräger-Testgerät Alcomat 7410 über den Atemalkoholgehalt (AAK) geschätzten Blutalkoholkonzentration. Die Korrelation ist sehr hoch, der Standardschätzfehler bei Schätzung des BAK anhand des AAK-Wertes beträgt

(vgl. LIENERT, 1989, S. 476 ff oder BORTZ, 1993, S. 176 ff)

Demnach läge die „wahre" BAK mit 5%iger Irrtumswahrscheinlichkeit im Bereich AAK +/- 1.96 ´ 0.098. Die AAK-Werte sind hier bereits durch Verdoppelung den BAK-Skala angeglichen.

Die Grafik 2 zeigt die Korrelation zwischen der Blutalkoholkonzentration BAK und dem Quotienten AAK/BAK.

Für den Quotienten AAK/BAK gilt:

M = 1,03, SD = 0,11

Normalitätsprüfung p (Chi >= 0.650) = 0.722 - normalverteilt


Grafik 2

Die Grafik 3 zeigt den Unterschied der Verteilung des Quotienten AAK/BAK bei Männern und Frauen: die BAK der Männer scheint überschätzt zu werden.


Grafik 3

Die Grafik 4 zeigt die Korrelation zwischen der Mehlhornschen Schätzung der BAK (Mehlhorn_BAK) mit der gemessenen BAK.


Grafik 4

Die Grafik 5 zeigt die Korrelation zwischen der Roederschen Schätzung der BAK (Roeder_BAK) mit der gemessenen BAK.


Grafik 5


Grafik 6

Die Grafik 6 zeigt die Verteilung der Differenzen zwischen der Schätzung der BAK durch das Mehlhornsche Computerprogramm und der gemessenen BAK.

Die Grafik 7 zeigt die Verteilung der Differenzen zwischen der Schätzung der BAK durch das Roedersche Computerprogramm und der gemessenen BAK.


Grafik 7

Die Grafik 8 zeigt die Korrelation zwischen der Schätzung der AAK und der Messung der AAK in einer Meßreihe, die von ein und der selben Person stammt (intraindividuelle Korrelation).

5. Interpretation

5.1. Schätzgenauigkeit des Atemalkoholmeßgerätes

Die Korrelation zwischen AAK und BAK ist erwartungsgemäß sehr hoch. Die Grafik 1 zeigt allerdings eine „schultütenförmige" Öffnung des Punkteschwarms nach oben rechts. Das bedeutet, daß der Schätzfehler mit der Höhe des gemessenen BAK variiert: je höher die Werte, desto größer die Abweichungen zwischen den Schätzwerten (AAK) und den Meßwerten (BAK). Die Verwendung des Standardschätzfehlers setzt aber Homoskedastizität voraus, d. h. Streuungsgleichheit der BAK-Werte bei allen Klassen der AAK-Werte (vgl. LIENERT, 1989, S. 476). Daher sollte der Schätzfehler für die Berechnung der Vertrauensgrenzen (confidential limits, CL) als Relativwert und nicht wie gewöhnlich als Absolutwert dargestellt werden. Also


Grafik 8

Allerdings kann dieses Verfahren nur gelten, wenn die relative Abweichung der AAK von der BAK - ausgedrückt als Verhältnis AAK/BAK - nicht ihrerseits von der Höhe der BAK abhängig ist. Jedoch in der Grafik 2 wird eine statistische Tendenz zur Abhängigkeit des Quotienten AAK/BAK deutlich. Der Zusammenhang ist hier zwar nicht signifikant (0.05 < p < 0.10), jedoch muß er ganz sicher berücksichtigt werden, wenn er sich in weiteren Untersuchungen als statistisch signifikant erweist.

Noch komplizierter wird die Interpretation der relativen Abweichung der AAK von der BAK, wenn sie geschlechtsspezifisch ist: Grafik 3 scheint eine Geschlechtsspezifität des Quotienten AAK/BAK anzudeuten, in der Form, daß Männer numerisch größere Werte aufweisen als Frauen. Zwar ist auch hier nur eine statistische Tendenz (0.05 < p < 0.10) zu verzeichnen, jedoch ist in solchen Fällen immer ein Nachforschen wichtig.

Hierbei ist selbstverständlich zu berücksichtigen, daß alle statistischen Parameter der vorliegenden Untersuchung Schätzungen der Populationsparameter sind mit einer Stichprobengröße von höchstens N = 35. Solche Versuche bedürfen der Replikation.

5.2. Signifikante Differenz zwischen zwei Schätzmethoden

Der Vergleich der Korrelationen in Grafik 4 und Grafik 5 zeigt, daß die Mehlhornsche Schätzung deutlich präziser ist, als die Roedersche. Die Verteilung der Differenzen zwischen der Schätzung der BAK und der gemessenen BAK ist bei Verwendung der Widmarkschen Formel deutlich breiter und nicht normalverteilt im Vergleich zu entsprechenden Verteilung unter Verwendung der Watsonschen Formel (vgl. Grafiken 6 und 7). Die Prüfung der beiden Verteilungen auf Dispersionsunterschied unter Verwendung des Vorzeichenrangtests von Wilcoxon (1945, zit n. Bortz, Lienert & Boehnke, 1990, S. 259) - mit dem bei Bortz et al. (1990) auf S. 292 für Dispersionsunterschiede empfohlenen Verfahren wurde auf der 5%-Stufe signifikant. Somit ist zu vermuten, daß die Schätzung des BAK nach Watson präziser ist als die nach Widmark, weil die Verschätzungen eine geringere Streuung haben.

Hervorzuheben ist, daß das Mehlhornsche Programm absichtlich so verfaßt ist, daß Unterschätzungen sehr selten vorkommen. Dies liegt im Interesse der zukünftigen Anwender. Im vorliegenden Experiment gab es von N = 34 Messungen nur zwei Unterschätzungen. Sollte sich diese geringe Unterschätzungswahrscheinlichkeit in Replikationen mit größeren Stichproben bestätigen, kann man von einem hohen Sicherheitsstandard sprechen.

Die Roederschen und Mehlhornschen Korrelationen sind erwartungsgemäß deutlich niedriger als die Korrelation der Schätzung des BAK anhand des AAK (Grafik 1). Dies zeigt, daß offenbar immer noch - auch mit der Watsonschen-Formel - zu wenig Informationen in die Schätzung des BAK bzw. AAK anhand von Trinkprotokollen eingehen.

5.3 Vergleich intraindividueller und interindividueller Schätzungen

Selbstversuche unter Verwendung einer Meßreihe von AAK-Werten bei ein und der selben Person haben gezeigt, daß der Schätzfehler intraindividuell selbst bei Verwendung der Widmarkschen Formel wesentlich geringer ist als interindividuell. Es werden sehr hohe Korrelationen erreicht (s. als Beispiel Grafik 8), die kaum noch zu verbessern sind. Das bedeutet, daß nach Abstimmung der Schätzung auf eine bestimmte Person recht genaue Vorhersagen der AAK getroffen werden können.

6. Ausblick

Abgesehen von der notwendigen Replikation solcher Untersuchungen könnten nun gezielt Daten aus intraindividuellen Versuchsreihen gesammelt und deren Korrelation verglichen werden mit Daten aus interindividuellen Versuchsreihen. So könnte in einem varianzanalytischen Versuchsplan mit Meßwiederholungen die Varianz „within" Testpersonen verglichen werden mit der Varianz „between" Testpersonen. Als abhängige Variable gilt hier die niveaubereinigte Differenz zwischen geschätzter und tatsächlich gemessener AAK bzw. BAK.

Besonderes Augenmerk sollte der geschlechtsspezifischen Alkoholforschung gelten - schließlich bezogen sich die Selbstversuchsdaten auf Daten einer männlichen Person. Insgesamt sollte die Suche nach weiteren Korrekturfaktoren fortgesetzt werden, um so viel wie möglich Varianz der BAK aufklären zu können.

7. Literatur

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Hein, P.M. & Vock, R. (1989): Alkoholtrinkversuche mit über 60 Jahre alten männlichen Personen. Blutalkohol 26, 98-105.

Kuntz, E. (1985): Alkoholbedingte Stoffwechselstörungen - Veränderungen im Leberzell-Stoffwechsel, Interaktionen mit Medikamenten in: Keupp, W. (Hrsg.): Biologie der Sucht , S. 69- 78, Berlin zit. nach Lücke (1985) s. u.

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Widmark, E. M. P.(1932): Die theoretischen Grundlagen und die praktische Verwendbarkeit der gerichtlich-medizinischen Alkoholbestimmung. Berlin, Urban & Schwarzberg

Wilcoxon, F. (1945): Individual comparisons by ranking methods. Biometrics 1, 80 - 83 (zit. n. Bortz et al (1990), s.o.).

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